Ursprünglich wollte ich nur für ein Jahr nach Deutschland kommen, um etwas Geld zu verdienen, mich finanziell zu rehabilitieren und dann nach Heimat zurückzukehren – wie es viele tun. Ich war gespannt darauf, eine neue, mir bis dahin fremde Welt kennenzulernen. Doch dann ist er erschienen, jemand, nach dem ich so lange gesucht hatte, auftauchte und sagte: ‘Du bist endlich da.’ Und später seine Liebe zu uns beiden zum Ausdruck brachte, als er feststellte, dass ich nur ‘im Paket’ mit Kind zu haben war.

Ohne Sprachkenntnisse, jung und naiv, aber mutig, war ich zu allem bereit und blieb. Für mich, für dich, für ihn, für uns alle. In den vergangenen 20 Jahren habe ich viel erlebt: Hochzeit, Umzüge, die Altenpflegeschule, Arbeit im Pflegeheim, Abenteuerurlaub auf der Grande-Motte, Wanderungen auf dem Ätna und den Genuss heißer Schokolade am Fuße des Mont Blanc.

Ich habe gelernt, was es bedeutet, die Mutter eines herausfordernden Teenagers zu sein. Eine Katze kam in unser Leben, wir bekamen ein Eigenheim, dafür ganz unerwartet verschlug es mich schließlich in die Niederlande. Ich durfte zwei Geburten von Malena miterleben, verbrachte wundervolle Jahre umgeben von Kicia und traf Hunderte von Menschen, denen Freiheit und Frieden genau so am Herzen liegen wie mir und die nicht zögern, für diese Werte auf die Straße zu gehen. Meinen 40. Geburtstag überlebte ich mit einem Stripper, einem Krankenwagen und der Polizei. Jemand hatte so viel Vertrauen in mich, dass ich sogar Schulleiterin einer Pflegeschule wurde. Ich sang auf der Straße und erhielt dafür sogar eine Strafe. Ich ließ mich nicht impfen, denn ich bin als Querdenkerin zur Welt gekommen.

Meine Welt brach mehrmals zusammen: das erste Mal, als ich meine Weiblichkeit und die unwiderrufliche Fähigkeit, schwanger zu werden, verlor, das zweite Mal, als mein zwei Kilogramm wiegendes Glückspuppie in den Himmel kam. Und das dritte Mal, als mein Vater ging und drei Wochen später zurückkehrte, um meine Mutter noch abzuholen.
Trotz allem habe ich nie aufgehört zu glauben und zu hoffen. Empathie begleitet mich bis heute, keine Ahnung warum. Und es gab sogar Menschen, die versuchten, mich zu zerstören, mich zu demütigen, mir Steine in den Weg zu legen, mit dem Finger auf mich zu zeigen, mich zu diskriminieren oder zu beschimpfen. Ich gab nicht auf, denn ich kämpfe nicht – ich lebe in Frieden mit mir selbst und lasse mich nicht zum Narren halten.
Ich habe nie aufgehört zu lieben. Und obwohl ich selbst mein Leben auf den Kopf gestellt habe, meinen Sinn für Humor bewahrte ich trotzdem. Obwohl ich immer noch davon träume, eines Tages in meine Heimat zurückzukehren, bin ich dankbar für das Schicksal, das mir hier im Ausland vorgesehen wurde. Ich kann mich so gut erinnern, als ob das gestern gewesen wäre. Ich stieg in Aachen aus und hier bin ich geblieben, mein Glück gefunden und mein Leben hier neu angefangen. Danke für diese 20 Jahre.



in Liebe
MARZENA BLANK